Die Zahlen des KfW-Gründungsmonitors zeigen: Der Frauenanteil liegt bei Gründungen seit langem relativ stabil auf einem hohen Niveau. „Rund 40 Prozent unserer Gespräche zur Gründungsberatung führen wir mit Frauen“, bestätigt Susann Dreßler, Leiterin der Förderlotsen der IB.SH, mit Blick auf die vergangenen zwei Jahre. Ihre Erfahrungen dabei decken sich mit denen vieler Gründungsberater:innen: „Frauen suchen oft tiefergehende Beratung als Männer. Sie sind meist kritischer, planen vorsichtiger und klären mehr Details ab, bevor sie sich endgültig für die Gründung entscheiden.“

Susann Dreßler, Leiterin Fördelotsen IB.SH

Liisa Preugschat, luxui Solution/s, Kiel

Liisa Preugschat aus Rastorf bei Kiel hat drei Jahre lang mit dem Gedanken an Selbstständigkeit gespielt, bevor sie diesen Schritt ging. Im April 2020 direkt zu Beginn der Corona-Krise stand ihr Entschluss fest. Sie holte sich Unterstützung bei der Gründungsberatung der IHK Kiel und ging drei Monate später mit ihrer Firma luxui Solution/s an den Start. Preugschat schafft intuitive Nutzererlebnisse für interaktive Systeme wie Software, Weboberflächen oder Apps, am liebsten für nachhaltig ausgerichtete Firmen. „Die Pandemie hat viele Unternehmen gezwungen, digitale Lösungen zu schaffen, dennoch musste ich erstmal zittern“, berichtet die 38-Jährige. Zwei Monate lang sprang kein Kunde auf. Aber dann gings los und das Auftragsbuch ist bereits bis Ende 2021 voll.

Strukturen für Gründerinnen gemeinsam ändern
Diese und ähnliche Geschichten gibt es in Schleswig-Holstein viele. „Für die WINSpireTalks von WEstartupSH holen wir regelmäßig Unternehmerinnen und Gründerinnen auf die digitale Bühne, die ganz offen von ihrem Weg, den Herausforderungen und ihren Lösungen berichten“, erklärt Dr. Kirsten Mikkelsen, Leiterin Unternehmertum, Gender & Bildung am Werner Jackstädt-Zentrum in Flensburg. Eingeladen sind alle Geschlechter, denn es geht um Austausch. „Wir machen Gründerinnen nahbar, aber wir wollen auch bewusst machen, wo sich Strukturen und Denkweisen zum Beispiel in der Bildung, bei der Finanzierung und in unserer Sprache noch ändern müssen und das geht nur gemeinsam“, betont Mikkelsen. Im Rahmen des vom Land und der EU geförderten Projektes StartUp SH hat Mikkelsen mit Gründungsunterstützerinnen aus dem ganzen Land das Netzwerk WEstartupSH aufgebaut. Mit dabei sind unter anderem Anna-Lena Paape, Geschäftsführerin der BioMedTec GmbH in Lübeck, Stefanie Hein vom Technologiezentrum CAT in Meldorf oder Leah-Marie Sophie Rott von opencampus aus Kiel. Hier kommen viel Erfahrung und Gespür für die Bedarfe und Herausforderungen zusammen, die für Frauen mit der unternehmerischen Selbständigkeit verbunden sind und sich in den unterschiedlichen Lebens- und Erwerbsphasen auch verändern.

Dr. Kristen Mikkelsen, Netzwerk WEstartupSH

Alle Termine von WEstartupSH

Aktionswoche für Gründerinnen
„Wir schaffen ganz viel Sichtbarkeit für das Thema Gründerinnen und direkten Kontakt mit gründungsinteressierten Frauen über die Sozialen Medien. Wir organisieren Netzwerkveranstaltung und Workshops, um den Austausch untereinander zu fördern und Frauen auf ihrem Weg zu unterstützen“, nennt Mikkelsen einige Formate. Anlässlich des Internationalen Frauentages hat das Team vom 8. bis 12. März die WEWomenWeek ausgerufen. „Wir werden auf unseren Social Media Kanälen jeden Tag interessante Fakten für gründungsinteressierte Frauen sowie Videobotschaften und Informationen zu Gründerinnen aus Schleswig-Holstein veröffentlichen und laden zu einer Sonderausgabe unserer digitalen Netzwerkveranstaltung WEstartupSH Coffee ein“, gibt Mikkelsen einen Ausblick. Ihre Tipps – nicht nur für Gründerinnen: Den Austausch suchen, miteinander reden und sich über die bestehenden Netzwerke die Unterstützung holen, die gerade gebraucht wird.

Sophie Schlünsen und Dorothea Swane, Land and Sea, Kiel/Lübeck

Breite Unterstützung für alle Gründungsphasen
Über das Netzwerk von StartUp SH können Frauen beispielsweise, ebenso wie alle anderen Gründungsinteressierten, von der Idee über die Konzeptentwicklung bis zur Umsetzung jeweils an die richtigen Ansprechpartner:innen vermittelt und in allen Gründungsphasen unterstützt werden. Für das Startup Land & Sea war yooweedoo in Kiel der Startpunkt. „Zuerst ging es uns gar nicht um Gründung. Wir wollten einfach unsere Idee setzen, alte Neoprenanzüge zu Sportmatten zu recyceln“, berichtet Dorothea Swane. Sie wurden durch den Ideenwettbewerb von yooweedoo gefördert und nahmen an verschiedenen Workshops teil, die auch an das Thema Social Entrepreneurship heranführen. „Irgendwann war uns klar, wenn wir es ernst meinen, müssen wir unsere Idee auf unternehmerische Füße stellen“, so Swane.

Das macht die Studentin nun mit ihrer Mitgründerin Sophie Schlünsen im neunmonatigen Programm des Lübecker Accelerators Gateway49, der unter anderem von den StartUp SH Partnern Technikzentrum Lübeck (TZL) und der IHK zu Lübeck getragen wird. Im dritten Durchlauf des Programms ist das Verhältnis der Geschlechter mit 15 Frauen und 19 Männer relativ ausgeglichen. „Drei der zwölf Teams werden allein von Frauen geführt und in fünf weiteren Teams ist eine Frau in der Führung dabei“, berichtet Niclas Apitz vom TZL. Die nächsten großen Ziele von Land & Sea: die tatsächliche Unternehmensgründung und mit einer Tonne gesammelter Neoprenanzüge, die ersten Testmatten produzieren lassen. „In der zweiten Jahreshälfte wollen wir ein marktreifes Produkt haben und unsere Firma schließlich soweit vorantreiben, dass wir von unserer Idee auch leben können“, so Swane.

Elke Tramm, Café Lykke, Elmshorn

Gründen in jedem Alter
Netzwerke, die helfen, die eigene Idee voranzutreiben, sind wichtig. Das findet auch Elke Tramm aus Elmshorn. Vor sechs Jahren hat sich die 62-Jährige mit dem Café Lykke selbstständig gemacht. „In dem schönen Haus gegenüber der Kirche war schon immer ein Café und ich hatte sofort Ideen, welches Angebot ich dort selbst gern hätte mit hochwertigen besonderen veganen, vegetarischen Gerichten auch für Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten“, berichtet sie. Aus der Idee entwickelte sie ein Konzept und stellte es erst im Freundes- und Bekanntenkreis dann bei der WTSH und den Förderlotsen der IB.SH vor. „Ich fand meine Idee ja toll, wollte aber auch hören, was die Fachleute dazu sagen würden, schließlich wollte ich mich hauptsächlich mit Fremdkapital gründen“, erinnert sie sich. Statt Kritik hörte sie vor allem: „Denken Sie sich ruhig größer, das klappt.“

Und es funktioniert, auch in der Corona-Krise. Muss es. „Corona zwingt zum Umdenken, aber Aufgeben war noch nie meins“, meint Tramm und berichtet von ihren besonderen Frühstücksboxen mit selbstgemachten Salaten, Brötchen und Gemüseaufstrichen, mit denen sie ihrer Kundschaft den im Lockdown Leckeres für Entspannung am Wochenende anbietet. Mit den steigenden Frühlingstemperaturen will sie nun zusätzlich üppige Picknickpakete mit kulinarischen Highlights packen und hofft auf verlässliche Lockerungen für die Gastronomie. Es sei gut gewesen, vor der Gründung auch mal ein Worst-Case-Szenario durchzuspielen, und zu sehen, dass sie auch Plan B und C in der Tasche hätte. Und dann? „Muss frau einfach mal machen“, erklärt Tramm lachend.

Zahlen, Daten, Fakten
Bei den innovativen, technologieorientierten Startups liegt der Frauenanteil bei nur knapp 16 Prozent Gründerinnen (Female Founders Report, Deutscher StartUp Monitor). Die Zahlen des KfW-Gründungsmonitors zeigen jedoch, dass der Frauenanteil seit langem relativ stabil auf einem hohen Niveau bei rund 40 Prozent bewegt. Die Zahl der Gründerinnen bleibt mit 215.000 (2019, KfW-Gründungsmonitor) stabil. Frauen gründen jedoch häufiger im Nebenerwerb: 153.000 (2019, +34.000) Anmeldungen Nebenerwerb / 62.000 (2019, – 35.000) Anmeldungen im Vollerwerb.

Mehr über WEstartupSH unter www.westartupsh.de, sowie auf Instagram, LinkedIn und Facebook.

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